Wer erbt bei unverheirateten Paaren? – Eine umfassende Übersicht
In Deutschland leben immer mehr Paare in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Doch viele wissen nicht, dass unverheiratete Partner bei der Erbfolge nicht automatisch als Erben berücksichtigt werden. Im Gegensatz zu verheirateten Paaren, die gesetzliche Erbansprüche haben, müssen unverheiratete Paare besondere Vorkehrungen treffen, um sicherzustellen, dass der Partner nach dem Tod auch tatsächlich erbt. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen, die Möglichkeiten der Regelung und die Folgen, die ein unverheiratetes Paar treffen können, wenn es keine klaren Vereinbarungen trifft.
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1. Rechtliche Grundlagen: Die gesetzliche Erbfolge
In Deutschland gilt die gesetzliche Erbfolge, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt ist. Danach erben verwandte und verschwägerte Personen, wie z.B. Ehegatten, Kinder, Eltern oder Geschwister. Unverheiratete Partner, die nicht durch eine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft miteinander verbunden sind, haben dagegen keine gesetzlichen Erbansprüche.
– Keine automatische Erbfolge: Wenn ein unverheirateter Partner verstirbt und keine letztwillige Verfügung (Testament) oder einen Erbvertrag hinterlässt, wird der Nachlass an die gesetzlichen Erben, wie z.B. die Eltern, Geschwister oder andere Verwandte, verteilt. Der unverheiratete Lebenspartner bleibt damit leer.
– Keine Erbansprüche ohne rechtliche Regelung: Unverheiratete Paare sollten sich bewusst sein, dass ihre Beziehung für die Erbfolge rechtlich nicht anerkannt wird, solange sie nicht explizit Regelungen treffen.
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2. Die gesetzliche Erbfolge ohne Testament
Ohne ein Testament oder einen Erbvertrag verfügt der Staat stillschweigend über die Verteilung des Nachlasses. Für unverheiratete Paare bedeutet das:
– Keine Erbrechte für den Lebenspartner: Der Lebenspartner hat keinen Anspruch auf den Nachlass, auch wenn die Beziehung langjährig und stabil war.
– Erbfolge nach Verwandtschaft: Der Nachlass geht an die nächsten Verwandten des Verstorbenen, wie z.B. Eltern, Kinder, Geschwister oder Neffen und Nichten.
– Mögliche Ausnahmen: In Einzelfällen kann der Lebenspartner versuchen, einen Anspruch auf einen angemessenen Anteil am Nachlass geltend zu machen, etwa wenn er mit dem Verstorbenen in einer sogenannten „wirtschaftlichen Lebensgemeinschaft“ gelebt hat. Allerdings ist dies rechtlich schwer darzutun und oft mit langen und kostspieligen Auseinandersetzungen verbunden.
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3. Testament oder Erbvertrag – die Lösung für unverheiratete Paare
Um sicherzustellen, dass der Lebenspartner nach dem Tod tatsächlich erbt, müssen unverheiratete Paare aktiv werden und rechtliche Regelungen treffen. Die wichtigsten Instrumente hierfür sind:
a. Das Testament
Ein Testament ist die gebräuchlichste Form, um die Erbfolge zu regeln. Mit einem Testament kann der Erblasser bestimmen, wer nach seinem Tod etwas erben soll. Für unverheiratete Paare ist es besonders wichtig, ein Testament zu errichten, da der Partner sonst leer ausgeht.
– Inhalt des Testaments: Im Testament kann der Erblasser den Lebenspartner als Erben einsetzen, sei es als Alleinerbe oder als Miterbe neben anderen Personen. Er kann auch einzelne Gegenstände oder Vermögenswerte dem Partner zuweisen.
– Formvorschriften: Ein Testament muss schriftlich verfasst und unterschrieben werden. Es ist ratsam, das Testament von einem Notar beurkunden zu lassen, um dessen Gültigkeit sicherzustellen.
b. Der Erbvertrag
Neben dem Testament gibt es den Erbvertrag, der als besonders verbindliche Vereinbarung gilt. Im Gegensatz zum Testament, das der Erblasser jederzeit ändern kann, ist der Erbvertrag für beide Vertragspartner bindend.
– Inhalt des Erbvertrags: In einem Erbvertrag kann der Erblasser seine Erbfolge festlegen und den Lebenspartner als Erben einsetzen. Erbverträge sind insbesondere dann sinnvoll, wenn der Erblasser sicherstellen möchte, dass sein Wille auch nach seinem Tod uneingeschränkt durchgesetzt wird.
– Formvorschriften: Der Erbvertrag muss notariell beurkundet werden, um rechtsgültig zu sein.
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4. Weitere rechtliche Möglichkeiten
Neben Testament und Erbvertrag gibt es weitere rechtliche Instrumente, mit denen unverheiratete Paare ihre Erbfolge regeln können:
a. Pflichtteil
Der Pflichtteil ist der Anteil am Nachlass, den gesetzliche Erben unter bestimmten Umständen beanspruchen können. Allerdings hat der unverheiratete Lebenspartner keinen Anspruch auf einen Pflichtteil, da er nicht zu den gesetzlichen Erben gehört.
b. Unterhaltsansprüche
In einigen Fällen kann der unverheiratete Lebenspartner Unterhaltsansprüche geltend machen, etwa wenn er mit dem Verstorbenen in einer wirtschaftlichen Lebensgemeinschaft gelebt hat. Allerdings sind solche Ansprüche zeitlich begrenzt und oft auf den angemessenen Lebensunterhalt beschränkt.
c. Zugewinngemeinschaft
Unverheiratete Paare, die länger zusammenleben, bilden oft eine sogenannte „Zugewinngemeinschaft“. Das bedeutet, dass sie gemeinsam Vermögenswerte ansammeln, die bei Trennung oder Tod aufgeteilt werden. Allerdings ist die Zugewinngemeinschaft kein Ersatz für eine testamentarische Regelung.
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5. Die Bedeutung von Patchwork-Familien
In Patchwork-Familien, also Familien mit Kindern aus früheren Beziehungen, kann die Erbfolge noch komplexer werden. Hier müssen unverheiratete Paare besondere Rücksicht nehmen, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten fair behandelt werden.
– Erbansprüche von Kindern: Kinder haben gesetzliche Erbansprüche, unabhängig davon, ob sie aus einer früheren Beziehung stammen oder nicht. Unverheiratete Paare sollten daher frühzeitig klare Regelungen treffen, um Konflikte zu vermeiden.
– Gleichberechtigung aller Familienmitglieder: Mit einem Testament oder Erbvertrag können unverheiratete Paare sicherstellen, dass alle Familienmitglieder, einschließlich des Lebenspartners, angemessen berücksichtigt werden.
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6. Praktische Tipps für unverheiratete Paare
Um sicherzustellen, dass der Lebenspartner nach dem Tod tatsächlich erbt, sollten unverheiratete Paare folgende Schritte unternehmen:
1. Testament oder Erbvertrag errichten: Ein Testament oder Erbvertrag ist die sicherste Methode, um die Erbfolge zu regeln. Es ist ratsam, dies von einem Notar oder Rechtsanwalt überprüfen zu lassen.
2. Regelmäßige Überprüfung: Die Lebensumstände können sich ändern, weshalb es wichtig ist, das Testament oder den Erbvertrag regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
3. Kommunikation: Es ist wichtig, mit dem Lebenspartner offen über die eigenen Wünsche und Erwartungen zu sprechen, um Missverständnisse zu vermeiden.
4. Weitere rechtliche Vereinbarungen: Neben der Erbfolge sollten unverheiratete Paare auch über andere rechtliche Belange, wie z.B. eine Vorsorgevollmacht oder einen Patientenverfüg, nachdenken.
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7. Fazit
Unverheiratete Paare haben in Deutschland keine gesetzlichen Erbansprüche, was bedeutet, dass sie aktiv werden müssen, um sicherzustellen, dass der Lebenspartner nach dem Tod tatsächlich erbt. Mit einem Testament oder einem Erbvertrag können sie ihre Wünsche festlegen und Konflikte vermeiden. Es ist jedoch wichtig, rechtzeitig zu handeln und die rechtlichen Grundlagen sorgfältig zu beachten. Mit den richtigen Vorkehrungen können unverheiratete Paare sicherstellen, dass ihre Beziehung auch im Bereich des Erbrechts anerkannt wird.